Samstag, 20. Juni 2009

Und wenn sie nicht gestorben sind - was dann? / Happily everafter?

"In der ganzen Welt gilt es als ausgemachte Wahrheit, dass ein begüterter Junggeselle unbedingt nach einer Frau Ausschau halten muss."

Mit diesem berühmten Satz beginnt Jane Austens Roman "Stolz und Vorurteil", und bald schon merken wir, dass eigentlich alles umgekehrt ist: Frau braucht Mann. Mann mit Geld. Ein Leitsatz, der jungen Mädchen nicht nur früher eingeschärft wurde, sondern auch heute gerne vermittelt wird, wenn auch auf etwas subtilere Weise, als Mrs. Bennet dies ihren Töchtern zu indoktrinieren versucht.

Der klassische Schluss der meisten Märchen (und auch vieler Frauenromane und natürlich sowieso quasi aller Telenovelas) lautet ja gerne so: Mädchen bzw. junge Frau, gerne aus dem unteren sozialen Stand, natürlich ohne grössere Bildung und mit wenig konkreten Plänen für ihren Lebensweg, aber mit umso mehr romantischen Träumen und grossen Hoffnungen, kriegt endlich den Mann, der eigentlich für sie absolut ausser Reichweite sein sollte. Den schönen, finanziell auf Rosen gebetteten, erfolgreichen und trotzdem herzensguten Traummann fürs Leben, der zwar nicht immer auf einem stolzen Schimmel dahergeritten kommt, aber doch absolut bereit ist, die weibliche Hauptfigur in ein neues, besseres Leben zu entführen. Dieses Ende ist natürlich nur perfekt, wenn etwas gefeiert wird, das man dann im Allgemeinen als "Märchenhochzeit" betitelt.

Und dann?

Nun ja. Das erfahren wir meistens nicht. Im Zweifelsfall erhalten wir ein vages "Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage" oder ein noch genereller gehaltenes "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute." Wobei ja gerade letztere Beschreibung nicht zwingend etwas Gutes verheissen muss - man stelle sich vor, dass Schneewittchen kurz nach der Hochzeitsnacht feststellt, dass ihr Mann sie nur geheiratet hat, um die Munition für seine Zwergenweitwurfmannschaft aufstocken zu können. Wissen wir nicht. Es könnte auch durchaus sein, dass Aschenputtel ziemlich bald bemerkt, dass ihr Prinzgemahl ein insgeheimer Fussfetischist ist, dass Dornröschens Vorliebe für sehr ausgedehnte Mittagsschläfchen ihren Gemahl in den Wahnsinn treibt oder dass Rapunzel mit dem spontanen Entscheid, sich eine Kurzhaarfrisur zu gönnen, eine mittlere Staats- und noch grössere Ehekrise heraufbeschwört.

Wir werden es nie erfahren. Denn diese Geschichten, die ja in ihren diversen Formen fast alle weiblichen Altersgruppen bedienen, leben nun mal davon, uns zu suggerieren, dass es das höchste Ziel für eine Frau sein muss, den geeigneten Mann fürs Leben zu finden - und mit "geeignet" ist hier ein Männerbild gemeint, das eigentlich klischierter und antiquierter nicht sein könnte. Und dennoch erklingt wohliges Geseufze allenthalben, wenn mal wieder am Ende der Geschichte der Mann das Mädchen kriegt und ihr zeigt, was sie jetzt alles haben kann - dank ihm und nur dank ihm.

Wie es weitergehen könnte, nachdem "The End" in schnörkeligen Buchstaben über die Leinwand geflimmert ist, zeigt "Fallen Princesses", ein Projekt der kanadischen Fotografin Dina Goldstein. Sie zeigt klassische weibliche Märchenfiguren in ihrer Disney-Inkarnation in Situationen, wie sie nach der Märchenhochzeit durchaus realistisch sein könnten - sei es ein desillusioniertes Aschenputtel in einer Bar, Schneewittchen als frustrierte Hausfrau und Mutter oder auch Belle, die sich ihre Schönheit mittels plastischer Chirurgie erhalten will - und man fragt sich: Wer ist hier die Schöne und wer das Biest...

Denn auch wenn uns die Welt der Fabeln jeglicher Art einreden will, dass mit dem Ja-Wort alles gut wird und auch gut bleibt, so sieht es eben im wirklichen Leben selten so aus, dass man bis ans Ende seiner Tage glücklich lebt - auch wenn man einen Prinzen geheiratet hat. Gerade Prinzessinnen können davon vermutlich ein Liedchen singen... und es wird wohl kaum "Kommt erst mein Prinz zu mir sein".


“It is a truth universally acknowledged, that a single man in possession of a good fortune, must be in want of a wife.”

This is the famous opening line to Jane Austen's novel "Pride and Prejudice", a line we soon discover really works the other way around: Woman needs man. Man with money. A rule that has been taught to young girls all throughout history, and a rule that is still implied today, even though in a slightly more subtle manner than the way Mrs. Bennet tried to indoctrinate her daughters.

The standard ending to most fairy tales (and lots of so-called chick-lit and of course practically all telenovelas) goes a little something like this: Girl or young woman, usually a member of a lower social class, lacking in education and not having any tangible plans for what to do with her live, just lots and lots of high hopes and romantic ideals somehow bags the type of guy who realistically would be completely off-limits to her. The handsome, wealthy, successful yet kind Prince Charming who may not always show up riding a proud white horse, but who will definitely whisk the female lead off to a new and better life. To be absolutely perfect, this happy end needs what is referred to as - of course - a "fairy tale wedding".

And what happens next?

Well, we don't know. We usually get "And they lived happily everafter", which is a bit vague to say the least. What if they didn't? What if Snow White found out soon after the honeymoon that her husband only married her because he needed stock up on ammunition for his dwarf tossing team? It might have happened. For all we know, Cinderella's husband is a closet foot fetishist, Sleeping Beauty is driving her Prince insane with her constant need for beauty sleep, and Rapunzel caused a medium-sized national crisis and an enormous marriage crisis when she decided to have her hair cut fashionably short.

We'll never know. After all, these stories which in whichever shape or form are aimed at all female age groups live off the idea that the biggest goal in a woman's life must be to find an appropriate male - "appropriate" of course referring to a vision of an ideal male that could not be any more cliché and outdated. And yet we all sigh blissfully when the guy gets the girl at the end of the story and shows her everything she can have now thanks to him - and only thanks to him.

However, Canadian photographer Dina Goldstein shows us some scenarios of what could have happened after the intricately lettered "The End" disappears off the screen in her project "Fallen Princesses". In her photos, we see the classic fairy tale females in their Disney incarnations, caught in situations that could well have come true after they said "I do". From disillusioned Cinderella in a bar to Snow White as a frustrated housewife and mother or even Belle, struggling to keep her legendary looks through plastic surgery. Which of course makes you wonder about who's the Beauty and who's the Beast...

Because even if fairy tales and other similar stories try to convince us that once you get the guy, all is well and will end well, real life teaches us differently. Even if you marry a prince, there's no such thing as happily everafter. Just ask a few of today's real princesses, they might have a few choice words to say on the issue, and it's highly doubtful that they will be lines like "Some day my prince will come".